6. September 2018
Kann Duft Kleidung in der Wahrnehmung verändern?
Es entsteht eine betörende Synergie, wenn eine Frau ein farbenfrohes, schwingendes Kleid zu einem femininen, floralen Duft kombiniert. Das Kleid wird in der Intensität der Wahrnehmung verstärkt. Es werden der Geruchssinn und das Sehen angesprochen.
Genauso kann es aber auch zu einem Bruch von Optik und Duft kommen. Das kann negativ wie positiv sein: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Café und es kommt ein wirklich elegant gekleideter Herr herein. Der Anzug sitzt perfekt, die Haare und der Bart sind frisch geschnitten, die Schuhe blankpoliert. Er geht an Ihrem Tisch vorbei und sein Geruch besteht aus kaltem Rauch, Knoblauch und etwas aquatischem Aftershave. Nach diesem Mann dreht sich niemand um. Die junge, unauffällige Frau im grauen Schlabberpulli, Leggins und Turnschuhen, die sich
neben Ihnen in die Bahn setzt. Hier entsteht durch eine zarte Wolke von Blüten, feinem Holz und einem Hauch Spearmint-Kaugummi sofort Sympathie.
Man kann jemanden gut riechen – die Glaubwürdigkeit eines Menschen und sein Look werden durch einen Duft manifestiert oder zerstört.
Gibt es aus Ihrer Sicht für den Duft eben sowie für die Kleidung Modetrends, wenn ja welche?
Ja, in der Duftwelt gibt es auch Trends, doch diese folgen anderen Gesetzen als die Bekleidungstrends, die saisonal als neue Kollektionen in den Markt rieseln.
Zu Beginn der großen Modehäuser im frühen 20. Jahrhundert sollten die Düfte Statements sein, der Wiedererkennung der Marke dienen. Die Düfte waren „edgy“. Seit Mitte/ Ende des 20. Jahrhunderts werden zusätzlich umfangreiche Marktforschungsprogramme gefahren, um den für den Kunden passenden Duft zu entwickeln. Die Aufgabenstellung liegt darin, möglichst risikolos große Mengen Parfum zu verkaufen. Durch Marketingmaßnahmen bilden sich Hypes um einige Düfte.
Seit den 2000ern zeichnet sich ein neuer Trend ab. Es geht um Individualität und Genderfluid. Eingeleitet durch Trendsetter, It-Girls und Musiker, Social Media und seine Influencer, die eigene Parfums kreieren (lassen). Nischendüfte für die Unangepasstheit. Parfums zum selbst Zusammenstellen für die Individualität. Düfte, die früher als „typisch männlich“ galten, mit Moschus und Holznoten, werden von Frauen getragen. Düfte, die als „typisch weiblich“ bezeichnet wurden, mit floralen Duftnuancen, findet man zunehmend auch in Herrendüften.
Aktuell finden wir im Markt viele Paralleltrends (Co-Trends), wie blumig zu oriental und Oud zu aquatisch.
Mode, Duft und Erotik. Spielt in der menschlichen Wahrnehmung diese Kombination eine entscheidende Rolle?
Unsere Biologie lässt uns keine Wahl als auf sexuelle Reize zu reagieren. Der Blick auf bestimmte Körperformen und Hautpartien, die durch die Mode verborgen, offenbart oder akzentuiert werden, ruft Ur-Instinkte wach. Dies verhält sich mit Düften ebenso. Ein Geruch, den wir aufnehmen, wird direkt in das olfaktorische Zentrum unseres Gehirns geleitet. Der Geruchssinn ist der komplexeste chemische Sinn und abhängig von kaum beeinflussbaren Faktoren wie dem Hormonstatus (Pheromone, Sexuallockstoffe), gesellschaftliche und soziale Prägung, Erinnerungen und Erlebnisse des Individuums. Der Mensch speichert Düfte mit Erlebnissen ab und bildet damit Präferenzen oder Abneigungen für bestimmte Düfte aus.
Das macht die Aufgabe der Kreation eines Duftes so komplex.
Was erwarten Sie von der „Duftoffensive“ der SEPAWA?
Die SEPAWA als Plattform und Treffpunkt der Parfüm-, Seifen- und Waschmittel hersteller erfreut sich jedes Jahr von neuem einer ständig wachsenden Beliebtheit. Neben Ausstellungsständen und Austausch von Informationen sowie den hochinteressanten Vorträgen, wurde in diesem Jahr erstmalig die Duftoffensive ins Leben gerufen. Als führendes Parfümhaus mit Hauptsitz in Deutschland präsentieren wir unsere neuesten Duftkreationen aus dem Bereich Fine Fragrances in Verbindung mit einer vom jeweiligen Duft inspirierten Modekollektion. Ein wenig Glamour auf der sonst eher auf technischen Anwendungen fokussierten SEPAWA leiten hier eine neue Ära ein. Ein Wind, oder in diesem Fall, eine Duftwolke von frischen Zitrusnoten, exotischen Blumen, edlen Hölzern und betörendem Moschus, der in der Luft liegt und durch die Gänge und Hallen der SEPAWA weht.